Am 20 und 21 08 2016 fand zum 7. Mal in Idstein das 24h MTB Rennen statt. Man fährt von Samstag, 13:00 Uhr bis Sonntag 13:00 in 4er, 6er oder 8er Staffeln. 6er und 8er Staffeln bilden die klare Mehrheit.

Ja und nachdem Tom über den Abgehts Verteiler noch einen Mitstarter für die 4er Staffel  suchte, habe ich kurzerhand zugesagt. Dummerweise ohne zu wissen was da auf mich so zukommt...

 

Glücklicherweise hatte ich die Gelegenheit mit Gernot die Strecke ein paar Mal abzufahren; ein 7 km Rundkurs mit tollen Trails mit 2 Schlüsselstellen. Die Erste ist direkt am Anfang, wo es über eine Rampe in den Wald hineingeht und man den richtigen Speed und die richtige Linie benötigt, sonst bleibt man entweder am Baum oder an der Wurzel hängen. Die Zweite kurz vor Schluss, es geht ein Stück auf einem Felsen bergab teilweise leicht verblockt, mit Abhang rechts; besonders lustig, wenn´s nass ist. 


Dazu kommen pro Runde ca. 110 Höhenmeter, die fast am Stück absolviert werden, auf nassen Wegen über Wiesen, teilweise so steil dass der kleinste Gang gewählt wird.

Irgendwie ahnte ich, dass diese 24 Stunden verdammt ungemütlich werden...

Race Day:

Start ist Sa 13.00 Uhr; Tom fährt an 2, ich an 4. Stelle. Mit dabei sind zusätzlich Markus (an 1), unser Cheforganisator und Volker (an 3). Wir fahren immer 2 Runden und wechseln somit ca. alle 45 Minuten, d.h. nach jedem Wechsel bleiben 2 Stunden Zeit zum Essen und Schlafen. 

Unser Schlaflager ist ein Festzelt, das wir mit Feldbetten und Isomatten bestücken. Zusätzlich haben wir Strom, um nachts Licht zu haben und die Akkus der Lampen aufzuladen.  

Am Anfang ist alles locker. Ich wechsele auf Volker, springe auf´s Bike und gebe Gas. Die 1. Schlüsselstelle passiere ich ohne Probleme, versuche das Bike am laufen zu halten. Nach einer kurzen Waldpassage geht's für ein paar Minuten auf ebene Feldwege, dann kommt die Wiese, die nur bergauf geht. Kleiner Gang, hochkurbeln. Dann eine Weile mehr oder weniger flach, dann ein Flowtrail, dann leicht hoch, durch eine nie fertig gestellte Halle hindurch und dann wieder auf den Trail über den Felsen und bergab, durch das Zielzelt und durch die Wechselzone auf die 2. Runde. Richtig schön.

Für Runde 4 und 5 kommt Silke vorbei, bringt ein paar Klamotten und leistet moralischen Beistand. Ich komme gut durch wechsele auf Markus und wir gehen eine Wurst Essen, bevor Silke wieder nach Hause fährt. Ich ruhe mich ein wenig aus. 

Dann kommt die Nacht. Ich wechsele so gegen 21:00 Uhr (5. Runde für mich) und jetzt geht dass Gezacker mit Licht am Rad weiter. Die Wiese hoch ein tolles Bild, überall blinkts und flackerts. Im Wald muss ich anfangs, bis ich mich an die Sicht gewöhnt habe, ein wenig spekulieren, mit welchem Tempo ich welche Kurve nehmen kann. Der leicht verblockte Felsen ist jedoch mit Flutlicht super ausgeleuchtet, das geht problemlos. 

Gegen 0:00 Uhr darf ich dann wieder aufs Rad, Runden 7+8. Das wird jetzt langsam doch ätzend. Ich liege zuvor im warmen Schlafsack und darf mich in die klammen Radsachen zwängen, der Helm ist klitschnass von innen und wird auch nicht mehr trocknen. Die Beine wollen nicht mehr. In der Wechselzone warte ich auf Volker, hänge mir eine Jacke um, um warm zubleiben und beschließe ab jetzt über Sinn oder Unsinn dieser Veranstaltung nicht mehr nachzudenken. Volker kommt, ich springe aufs Bike und los geht's. Spätestens am Berg merke ich, dass ich etwas Tempo rausnehmen muss, um die Nacht zu überleben. Der verblockte Felsen dagegen wird immer mehr zu meinem Freund. Mittlerweile habe die Linie für mich gefunden, um mit ordentlich Speed runterzublasen, spiele förmlich mit den Steinen, Wurzeln und Kurven und ein breites grinsen huscht mir übers Gesicht. 

Gegen 3.30 stehen dann Runden 9+10 auf dem Programm. Läuft gut, wenn ich erst mal losgefahren bin, ist es total geil. Ich genieße inzwischen die Atmosphäre, nachts wie ein Bekloppter erst die Wiesen hoch und dann durch den Wald zu kacheln; wann hat man sonst die Chance so etwas zu machen? Und selbst um die Uhrzeit ist an manchen entlegenen Stellen der Strecke noch richtig Stimmung. Jeder wird angefeuert, echt super. Dass die Beine nicht mehr frisch sind, nehme ich billigend in Kauf und genieße sogar ein wenig die Schmerzen. Das ist jetzt ein sehr intensives Gefühl und alles andere auf der Welt ist gaaaanz weit weg. Ich, das Bike, die Strecke, die Mitstreiter, dazu die 3 anderen die sich auf mich verlassen. Mein Mikrokosmos! Ich rechne auch, dass ich bei den nächsten Runden kein Licht mehr brauchen werde, was mir zusätzlich Schwung gibt. Fliege dann irgendwo im Matsch hin, als mir das Vorderrad weggeht, aber nix passiert. Wechsel auf Markus um 4:15. etwas Fleischbrühe trinken, den Puls wieder beruhigen und ab ins Bett.

Jetzt schlafe ich richtig tief, werde kurz nach 6:00 nur mit Mühe wach und quäle mich völlig übermüdet zur Wechselzone. Nur nicht nachdenken. 

Volker kommt gegen 6:30 und los geht's. Im Wald will mich auf dem schmalen Trail eine Frau vorbeilassen. Ich sage ihr, dass alles ok ist, ich müsste erstmal wach werden. Kurz danach als es dann breiter wird, fahre ich vorbei, wir wünschen uns gegenseitig eine gute Fahrt und weiter geht's. Ich fahre in die Sonne rein, ein herrliches Panorama erwartet mich. Die Runden laufen gut, gegen 7:15 übergebe ich auf Markus und gehe frühstücken. 

Gegen 9:30 geht's für mich auf Runde 13 und 14. die Beine sind jetzt schwer, berghoch ist es eine Qual aber irgendwie kurbele ich die Wiese hoch. Kurz bevor der Trail beginnt, schaue ich wieder, dass ich alle die langsamer bergab sind, wenn möglich, rechzeitig überhole, genieße die Abfahrten, freue mich auf den verblockten Felsen, fahre schnell aber kontrolliert runter, alles gut.

Um 12:55 Uhr geht´s dann für mich auf die letzte Runde, gebe noch einmal wirklich alles, jetzt muss ich nicht mehr haushalten mit den Kräften. Um 13.15 bin ich im Ziel, gezeichnet und überglücklich. 

Resümee:

Nach diversen Ironmans, Alpenüberquerungen mit dem MTB sowie einigen Skilanglaufrennen ist Idstein 24 ohne Zweifel ein weiteres Highlight. Highlights sind für mich immer die Rennen und Touren mit Ups and Downs, in denen man Grenzerfahrungen sammelt. Idstein 24 gehört dazu. 

Besonders nachts wenn ich mich zum wiederholten Mal aus dem Schlafsack in die nassen Klamotten zwänge und mich bei Dunkelheit in die Wechselzone begebe, während jeder andere Mensch sich im warmen Bett im Tiefschlaf befindet, die Beine müde sind und der Körper einfach nur ruhen möchte, muss ich mich echt zusammenreißen. Wenn das keine Staffel wäre, ich glaube irgendwann wäre ich liegen geblieben. Aber in einer Staffel ist jeder auf jeden angewiesen, wir leiden alle zusammen, verlassen uns aufeinander, da gibt´s kein Kneifen. Von nur neun 4er Teams sind wir 7. geworden. Hat für mehr nicht gereicht, ist mir aber auch völlig egal. Jeder bei uns hat alles gegeben. Außerdem sind wir alle gesund geblieben, keiner kam ernsthaft zu Schaden und knallte irgendwo nachts gegen einen Baum. Das ist das wichtigste überhaupt. Passieren kann bekanntlich immer etwas.

Es schließlich geschafft zu haben, sich nicht unterkriegen zu lassen, allen Widrigkeiten zum Trotz, ist einfach unbeschreiblich.

Diese wundervolle Erfahrung bleibt für immer... Danke Markus, Volker und Tom für das geile Rennen!

Idstein_24_im_Ziel
Vlnr. Markus, Tom, Volker, Ich

http://www.idstein24.de/